Es ist ein faszinierendes, wenn auch wenig bekanntes Kapitel in der Geschichte des Bremer Sportvereins (BSV): Vor rund einem Jahrhundert vertrat eine Fußballmannschaft des Vereins Deutschland bei internationalen Wettkämpfen - an Bord des Dampfers "Delia". Unter der Leitung von Kapitän Julius Dienstmaier schlossen sich die sportlich ambitionierten Crewmitglieder 1929 zu einer BSV-Abteilung zusammen. Damals schrieb die Besatzung, wie es in einer zeitgenössischen Festschrift heißt: „Vermutlich war der BSV der einzige Sportverein Deutschlands, dem damals eine Schiffsmannschaft angeschlossen war.“
In einer Zeit, in der die Welt noch unvernetzt und das Reisen eine Seltenheit war, fand die Mannschaft des "Neptun"-Dampfers "Delia" in Antwerpen ein Stück Heimat: Ein Sportplatz auf einem Trümmergelände, „nicht weit vom Schiffsliegeplatz entfernt“. In einer Ära, in der Behördengänge und Genehmigungen noch nicht den Alltag prägten, wurde dieser Ort zur sportlichen Heimat der Mannschaft, ohne dass „keiner Polizei oder sonstigen Behörde“ diesbezüglich Bedenken gehabt hätte.
Die Spiele dieser Mannschaft fanden nicht nur in Antwerpen statt, sondern auch in spanischen Städten wie St. Sebastian und Lissabon, wo sie „oft hitzig und unter Anteilnahme einer großen Besucherzahl“ ausgetragen wurden. Es war eine Zeit, in der Fußballspiele nicht nur Wettbewerbe waren, sondern auch gesellschaftliche Ereignisse, die Menschen unterschiedlicher Herkunft zusammenbrachten. Wie es hieß, war die Leidenschaft für den Sport auf der "Delia" der Grundstein für „Verbundenheit und gesellige Zusammenkünfte“.
Die Tradition des Fußballs auf See, wie sie die "Delia" pflegte, war jedoch vergänglich. Bis 1933 hatten häufige Wechsel in der Mannschaft zur Folge, dass die einst „schlagkräftige Fußballmannschaft nicht mehr aufgestellt werden konnte“.
Und so erwiesen sich die Gezeiten des Sports als weniger beständig als die des Atlantiks. So bleibt uns, zurückzublicken und zu schmunzeln, wie der BSV einmal Wellen schlug, die sicherlich zu klein waren, um Surfer anzulocken, aber groß genug, um in der Erinnerung zu schwimmen.
Dieser Text ist aus dem Buch Blau-weiße Kicker aus dem Bremer Westen von Jean-Claude Derivoux und Manfred Knaust.